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  • AutorenbildJennifer Victoria Withelm

Folge #14: Quality Minds' agiler Lerncoach

00:00:06 Jennifer Withelm: Mein Name ist Jennifer Withelm, ich bin Learning und Development Beraterin aus München und die Macherin des Blogs „Lernen in Geil“. Heute stehe ich mit 1,50 m bei der Firma Quality Minds vor Vera Gehlen-Baum. Sie ist Geschäftsführerin der Quality Minds, und die stehen für Qualitätssicherung in der agilen Softwareentwicklung. Vor ziemlich genau 100 Tagen habt ihr für Diskussionsstoff gesorgt. Möchtest du dich und die Quality Minds kurz mit eurem Portfolio vorstellen?


00:00:36 Vera Gehlen-Baum: Ich bin Teamleiterin bei den Quality Minds für den Bereich Quality Learning zusammen mit der Susanne Ambros und bin zusätzlich Geschäftsführerin für die Quality Minds. Die Quality Minds selber kommen aus dem Bereich der Software und Qualitätssicherung. So wurden wir als agiles Unternehmen gegründet. Da gehört es dazu, dass wir immer wieder neue Sachen ausprobieren, neue Sachen entwickeln und weiterentwickeln. Und so haben wir 2008 Quality Learning gegründet, weil wir gesagt haben, auf der einen Seite, die Software Industrie allgemein braucht unglaublich viel Lernbegleitung, dass sich Menschen konsequent weiterentwickeln. Aber wir sind ein Consulting Haus. Bei uns ist es noch intensiver, und gerade der Bereich Test zeichnet sich eigentlich darüber aus, dass immer neue Sachen gemacht werden müssen. Unsere Kolleginnen und Kolleginnen denken sich immer in neue Bereiche ein, und das unterstützen wir aus dieser Lernperspektive. Und so haben wir uns dann seit 2015, wo ich angefangen habe bei den quality minds, mit dem Bereich Agiles Lernen beschäftigt. Auf der einen Seite habe ich dieses hochpraktische Agilitätsthema und kombiniere es mit diesem Theoriewissen, das wirkt manchmal so ein bisschen wie ein Gegensatz, aber wir haben versucht, es einfach ineinander verweben. Wir unterstützen IT-nahe Teams unterstützt, aber inzwischen auch immer mehr Fachabteilungen, die diesen Bedarf ihrer IT sehen und sagen, das wollen wir auch probieren, dieses neue, schnellere, mehr Kundenorientierte, auch im Lernen.


00:02:36 Jennifer Withelm: Mhm, und ihr habt in diesem Jahr beim MooCamp der Corporate Learning Community mitgemacht, und euer Titel war: individuelle Lernräume mit agilen Prinzipien öffnen und gestalten. Wie kann ich jetzt diese Frage an die Community einordnen?


00:02:47 Vera Gehlen-Baum: Wir wollten der Community ein Angebot machen. Also dieses individuelle Lernen ist ja das, wofür unser agiler Lernansatz vor allem steht. Also, wie können Lernende genau das machen, was sie gerne haben wollen und brauchen? Also die Frage, die wir im Agilen lernen immer stellen, ist, was möchtest du und warum möchtest du das? Das heißt also, die Entscheidung liegt vor allem bei dir als Lernende:r. Diesen Ansatz haben wir dann versucht, auch in die Materialien einzuweben. Wenn wir Lehransätze machen, in diesem Fall ein Hybrid Ansatz, heißt das, die Leute haben sich selber Lernziele gesetzt. Das ist das, worum es uns beim Agilen Lernen geht. Du setzt dein eigenes Ziel, und wir unterstützen dich, dieses Ziel zu erreichen. Aber wir kombinieren das manchmal auch mit Lehr ansetzen, weil zum Beispiel Teams ja manchmal Bedarfe haben, etwas zu vermitteln, oder eine ganze Organisation, die den Bedarf hat, etwas zu vermitteln. Und das haben wir hier kombiniert. Und dieses Lehrangebot war, dass wir einfach das, wofür unser Lernansatz steht, mit diesem Lehransatz kombinieren und das der Community in der Praxiserfahrung zur Verfügung stellen, dass sie einfach auch mal sehen, wie sich das anfühlt, zum Beispiel über eine Retro zu machen oder durch die Materialien wirklich im ganz eigenen Pacing durchzugehen und auch mal Sachen. Also, wir hatten das auch vier Lehrpfade ausgearbeitet, immer einmal Grundlagen und einmal Vertiefung, und wenn du die Grundlagen schon kanntest, dann brauchst du dich damit nicht beschäftigen, sondern kannst du in die, in die Vertiefung reingehen, und die Materialien stehen ja auch heute noch zur Verfügung. Das heißt, du kannst da jederzeit mit noch arbeiten. Wenn du sagst, oh, da brauche ich jetzt da noch mal was, dann steht dir das zur Verfügung, und das wollten wir die Community gerne einfach erleben lass.


00:04:27 Jennifer Withelm: Kannst du vielleicht noch mal für jeden, der nicht dabei war, der jetzt gar keine Ahnung hat, was ein MooCamp eigentlich ist, kurz umschreiben, wie so was abläuft? Mit welchen Tools, mit welchen Formaten, mit welchen Instrumenten wird gearbeitet?


00:04:37 Vera Gehlen-Baum: In dem Fall waren das mehrere Wochen, an denen gemeinsam gearbeitet wurde, und jede Woche wurde von einem anderen Unternehmen gestaltet. Das heißt also auch, jede Woche wurde etwas unterschiedlich gestaltet. Manchmal waren das offene Fragen, die die Unternehmen der Community gestellt haben und gesagt haben, arbeitet da mit uns zusammen dran oder so wie bei uns, wo wir gesagt haben, ja, wir geben unsere Lernmaterialien frei, und ihr könnt damit arbeiten und stellt uns dann Rückfragen oder wir diskutieren das. Dann gibt's so einen Start und ein Stopppunkt. Montag war Start, und man hat dann gemeinsam theoretischen Input gegeben, und dann gab es die sogenannten Brown bag sessions, wo Sachen diskutiert wurden, Zwischenstände abgerufen wurden. Wir haben uns auch noch, wie gesagt, für eine Retrospektive entschieden. Eine Retrospektive ist ja etwas, das vor allem im Scrum Prozess ein ganz, ganz wesentlicher Teil ist, wo es um diese persönliche Weiterentwicklung der Teams geht und der einzelnen Mitglieder in den Teams, um zu sagen, wenn wir unsere Wertsteigerung machen wollen, was brauchen wir denn dafür noch, und das haben wir auch eingewoben. Das geht nach verschiedenen Methoden, die man da hier bauen kann, und und zum Schluss gibt es dann noch mal kritische Rückfragen, Austausch, wie die Formate gelaufen sind, Fragestellungen zu den allgemeinen Themen und nochmal so einen Abschluss Vortrag, wo man sagt, so war unser unser Einblick in dieses MooCamp der Corporate learning Community.


00:06:01 Jennifer Withelm: Muss ich da die ganze Zeit vom Computer sitzen, als Teilnehmer also schon dabei sein, oder gibt es auch asynchrone Elemente?


00:06:09 Vera Gehlen-Baum: Ich glaube, die meisten haben das eher asynchron gestaltet, das heißt, man konnte sich selber mit den Materialien beschäftigen. Das heißt, man kommt dann zu diesen Präsenzphasen, man muss aber nicht, und das ist auch etwas, für was das sehr stark steht. Das ist sehr viel, kann, wenig muss, und das finde ich eigentlich einen sehr, sehr schönen Ansatz daran. Das heißt, man sucht sich das raus, wo man sagt: Oh, da sehe ich für mich jetzt, was, was ich mitnehmen kann, und man muss ja auch sagen, eine ganze Woche, das Material war wirklich in Fülle zu den Leuten zur Verfügung gestellt. Das heißt, man nimmt sich das, was man in dem Moment vielleicht auch verarbeiten möchte oder kann, und wo man sagt: Oh, da, sonst ist es mir vielleicht einfach auch zu viel, weil wir arbeiten nebenher. Viele von uns haben noch eine Familie, die versorgt werden muss. Das muss man ja auch alles in diesen Lernansatz mit einen, und darauf ist es irgendwie auch ausgelegt.


00:07:03 Jennifer Withelm: Kannst du bitte zusammenfassen: Vorteile, Nachteile einer solchen digitalen Lernplattform? Wieder ein, zwei Vorteile, ein, zwei Nachteile. Wo siehst du da die Grenzen?


00:07:13 Vera Gehlen-Baum: Ich glaube, die Grenzen sind super schwimmend, also viele von den Vorteilen sind auch interessanterweise deren Nachteile. Eine Sache ist, die ganz positiv ist, die Offenheit. Aber auch da kann natürlich zu viel Offenheit schaden. das ist etwas, was wir aus der Forschung auch an der Stelle immer wieder sehen. Zu viel Offenheit kann auch zu negativen Effekten führen, dass man einfach sagt, ja, ich mach das, und man schiebt es ein bisschen stärker, als das Präsenzveranstaltungen haben. Also das ist etwas, was man bei relativ vielen web based Trainings dann immer mal wieder sieht, dass einfach dieses selbstgesteuerte und selbstbestimmte Lernen hier schwieriger wird und die Leute sich erst reinfinden müssen. Das ist aber auch natürlich ein unheimlicher Vorteil, weil sich dadurch Menschen natürlich auch weiterentwickeln können, und das ist etwas, was ich sehr, sehr spannend finde, gerade auf der meta-kognitiven Ebene, dass man selber reflektiert. Habe ich da richtig mitgemacht, oder welche Möglichkeiten sind da? Ein anderer Vorteil ist, das Feedback von der Community zu bekommen. Das ist einfach wundervoll, weil diese Community total offen ist, super freundlich und man auf einmal ganz viele Themen mitbekommt, die man vielleicht sonst gar nicht bekommen, weil einfach man ja doch ein bisschen in seiner eigenen Blase ist und hier sich Leute eingebracht haben, zu denen wir sonst vielleicht niemals Kontakt bekommen haben und die jetzt bei uns regelmäßig Feedback geben können, und das ist schön. Diese Offenheit bedeutet aber auf der anderen Seite auch, dass Menschen sich ja also zum einen ist die Community sehr groß. Also wir hatten in den community gesamt Veranstaltungen von bis von 1200 Teilnehmern über das Gesamtevent gehört. Das ist natürlich nicht das, was man so als klassische Lerngruppe versteht, wo man Interaktion wirklich fokussieren kann, und man merkt es ja auch an den ganzen Teams-meetings, es kann meistens immer nur einer sprechen, was ja in anderen Gruppen und Prozessen etwas anders ist, und darauf muss man sich einstellen, und es hat Vorteile. Es hat aber halt leider auch Nachteile, und da muss man versuchen, ein bisschen mit umzugehen. Wir haben dann zum Beispiel sehr viel mit Mural gearbeitet, dass Leute trotzdem proaktiv Sachen einbinden können, und wir haben die Muralboards auch danach der Gesamt Community zur Verfügung gestellt. Aber man kann halt nicht so schön planen. Wenn man normalerweise Trainings gibt, baut man eine Gruppe, die in unserem Fall fast immer nur maximal zwölf Personen beinhaltet, weil wir dann noch von Kleingruppen sprechen können, und diese Gruppe, die wird dann über die nächsten Tage gemeinsam entwickelt, und diese Möglichkeit hat man natürlich bei einem so großen digital Ansatz sehr wenig. Da kommt mal jemand da, geht mal jemand da, ist auch mal jemand nicht so richtig vorbereitet. Das hat man bei Trainings auch, aber das kann man bei Trainings, gerade bei Präsenztrainings gleichen wir das aus. Das hat ein paar Nachteile, weil dadurch wir Leute häufig nicht da abholen, wo sie stehen, und das ist der meiner Meinung nach wirklich größte Vorteil von digitaler Lehre. Wir können Leute, vor allem wenn wir es mit Fragebogen kombinieren und mit unterschiedlichen Interview Formaten, können wir Menschen genau da abholen, wo sie stehen. Aber das ist natürlich bei einem so großen Event auch eher, dass man das mal andeuten kann, und wir haben das versucht mit verschiedenen Fragebogenmethoden. Welches Vorwissen hast du, aber das ist halt viel, viel schwieriger.


00:10:23 Jennifer Withelm: Ja, was sind denn dann so rückblickend deine Top drei Learnings? Was hat dich vielleicht auch total überrascht? Du bist ja jetzt auch schon sehr erfahren, also gibt es überhaupt noch etwas, was du dich überraschen kannst?


00:10:33 Vera Gehlen-Baum: Die Frage habe ich in die Gesamtgruppe getragen, ich habe das nicht alleine organisiert. Das hat vor allem der Harald und der Manuel Illi organisiert, zusammen mit der Susanne Ambros. Ich habe dann mal gefragt, was hat euch denn am meisten überrascht? Was uns wirklich total gefallen hat, war wirklich die Offenheit dieser Community, das war dieses Feedback, und das auch im Nachgang immer wieder noch Leute auf uns zugekommen sind und gesagt haben, das hat uns total gefallen, oder das war super, und wir dadurch auch immer mehr Feedback einfach nochmal aus dieser Community rausholen und auch noch mal neues Feedback auch reingeben können. Man trifft natürlich auch Leute, mit denen man seit Monaten schon mal sprechen wollte und die man aber nicht zu fassen bekommen hat, und das war eigentlich auch eine sehr schöne Erfahrung. Für mich persönlich war die Begeisterung für die Theoriethemen. Wenn man im Agilen arbeitet, ist Theorie meistens nicht das, wo einfach wirklich einen Schwerpunkt gesetzt wurde, und dass wir so viel positives Feedback für dieses Theoriewissen, was wir da haben und was wir uns über die letzten Jahre noch mal aufgebaut haben, sei es zu Skript, Forschung, sei es zur Metakognition, sei es zum Lernen allgemein. Was ist Lernen? Wir haben ja absolute Fachexperten hier im Team dazu sitzen, die eigentlich das studiert und promoviert haben, und dass das einfach auch von der Community aufgesaugt wurde, das fand ich total toll.


00:11:48 Jennifer Withelm: Toll. Liegt es vielleicht auch daran, dass Agilität momentan so ein Buzzword ist und dass niemand so genau richtig greifen kann? Ihr habt dann die Materialien so gut aufbereitet, dass jeder mal verstanden hat, was eigentlich agiles lernen bedeutet?


00:12:00 Vera Gehlen-Baum: Ich glaube, was bei uns sehr wichtig ist, dass die Leute Agilität nicht als theoretisches Konzept verstehen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Projekten, die dann auch versuchen, das weiterzubringen, kommen aus einem IT Hintergrundwissen, und Agilität, so wie wir sie verstehen,und leben, das kommt aus der IT, das heißt also aus den 90ern. Spannenderweise wurden die gleichen Fragestellungen zum Beispiel in den Erziehungswissenschaften zur der Zeit gestellt. Auch wenn man sich Arbeit, Texte von Heinz Mandel Mitte der 90 er anguckt, sieht man ähnliche Ergebnisse, und das ist total spannend. Also vor allem dieses Iterative im Forschungskonzept. Das sieht man. Aber es hat sich nicht so stark durchgesetzt wie bei der IT, weil der Bedarf nicht ganz so da war. Wir glauben daran, dass unsere agilen Lern Coaches, also vor allem die, die bei uns intern arbeiten und mit den Leuten arbeiten, fast alle zum Beispiel auch als Scrum Master, schon mal in dem IT Projekt im Agilen tätig waren oder als Agile Coach tätig sind oder als Testerinnen, zum Teil auch der Tester in agilen Projekten tätig sind. Das heißt also, diese Praxiserfahrung, die häufig da eine Notwendigkeit ist, die bringen unsere Kolleginnen und Kollegen mit, und die können das dann natürlich auch anders vermitteln, weil die meisten Schmerzen, die mit Agilität kommen, die haben sie schon mal am eigenen Leib erfahren, und wir reden ganz häufig über diese Vorteile von Agilität, und es gibt eine Menge Vorteile von Agilität, und ich bin wirklich eine glühende Anhängerin von dem Ansatz. Aber das geht mit hohen Konflikten einher. Das ist ein hoher Zeitaufwand, immer mal wieder, weil man hofft immer, das wird ja dadurch schneller. Aber am Anfang muss man das Menschen beibringen.


00:13:51 Jennifer Withelm: Schmerz. Wie würdest du jetzt, wenn du eine Publikation veröffentlichen würdest, und am Anfang stehst, das Lernen ist in einem Satz beschreiben?


00:14:03 Vera Gehlen-Baum: Für mich hat Agilität sehr viel mit Mut und Vertrauen zu tun, und agiles Lernen basiert auf dem Mut, etwas Neues auszuprobieren, und auf dem Vertrauen, dass andere, also dass die Person, der Lernende, die Lernende selbst weiß, was sie am besten braucht. Es geht mir vor allem darum, wirklich dieses Individuelle im Lernen vor allem wieder rauszustellen, nicht auf Inhalte zu schauen, vielleicht auch nicht unbedingt das zu gucken, was Führungskräfte wirklich brauchen, sondern zu wissen, was braucht der oder die einzelne, um sich selbst weiterzuentwickeln, weil wir alle haben Träume und Ziele, und die kann man mit Lernzielen unterstützen, und das ist so dieser Ansatz. Unser agile Lernansatz geht darum, die individuellen Lernziele der lernenden zu unterstützen, auf bestmögliche Art und Weise und hier möglichst viel auszuprobieren, um zu wissen, was der oder die einzelne am besten braucht.


00:14:59 Jennifer Withelm: Jetzt ist Agilität wirklich so das Buzzword in aller Munde, und ich glaube, viele haben die Vorteile auch verstanden. Gibt es denn Bereiche, Firmen, Organisationsstrukturen, Jobrollen, wo Agilität gar nicht mal so sinnvoll ist? Also ich denke jetzt grade an den Arzt im OP, aber gibt es vielleicht sonst noch was bis auf dieses Klischee?


00:15:19 Vera Gehlen-Baum: Ja, ich glaube, es gibt eine ganze Menge an Projekten oder auch Firmen, die eigentlich die Agilität nicht brauchen, und zwar, das eine ist was, dass man einfach mal vorher sagt, sind die Abläufe überhaupt auf Agilität ausgelegt, und das kann man zum Beispiel mit Methoden wie Nähen mal machen zu gucken. Ist das wirklich komplex, oder ist das eigentlich ein ganz einfacher Ablauf? Ist hier sehr viel Analyse gefragt, und man will eigentlich schon von vornherein wissen, was da zum Schluss rauskommt? Weil, wenn das gegeben ist, dann ist vielleicht wirklich Agiles Vorgehen, wo man super viel Feedback holt, vielleicht nicht das Mittel der Wahl. Und es gibt auch Menschen, die diese Art von arbeiten vielleicht überhaupt nicht wollen und vielleicht auch gar nicht, vielleicht gar nicht brauchen. Und das ist auch in Ordnung, nur weil es gerade ein Wort ist oder weil alle sagen, man macht das jetzt so, ist die Frage, was braucht der oder die einzelne, und das ist eigentlich auch genau das, wo wir immer wieder hinschauen, weil es gibt Menschen, die sagen, ich möchte aber gerne zur Präsenz Veranstaltung gehen. Dann kann ich mich noch mal fünf mal hin und sagen, das ist nicht so richtig schön nachhaltig, und ich habe genug Artikel gefunden, die sagen, das ist nicht das hilfreichste, aber es ist nicht das, was wir brauchen. Die zweite Sache ist, welchen Aspekt von Agilität wir hier in IT Projekten herleiten, das heißt, es geht um die Prozesse. Ich persönlich, habe schon ganz gerne jemanden, der sagt, ja, das ist heute meine Entscheidung, und wir machen das jetzt so, während andere Aspekte auch im Krankenhaus Kontext definitiv Einzug halten, und zwar schon immer, also dass man, wenn eine Op nicht geklappt hat, man danach vielleicht nochmal mit einem Vorgesetzten oder häufig sogar mit einem Gremium spricht, um zu gucken, was hat da nicht geklappt. Das ist ja der Retrospektive gar nicht so unähnlich. Sie würden es aber niemals als agilen Ansatz beschreiben, und ich finde das auch gut. Wir wissen aus der Agilität, dass zum Beispiel die Dokumentation anderen Aspekten untergeordnet werden soll, weil die Prozesse wichtiger sind oder der Austausch einfach im Vordergrund steht. Das ist aber ja auch nicht immer der Fall. Also bei Stiftung Warentest ist diese Dokumentation das, was einfach wichtig ist, das ist das, was mich hier interessiert.


00:18:16 Jennifer Withelm: Jetzt kommen ja viele Firmen auf euch zu, die mehr über Agilität wissen möchten, die das auch implementieren möchten. Was muss ich da von der Seite der Organisation her tatsächlich ändern? Weil ich habe manchmal das Gefühl, viele sagen ja, wir wollen jetzt ein agiles Unternehmen werden, aber es wird eher damit verbunden. Ja, macht es doch jetzt einfach mal ihre ganzen Abteilungen, aber von ganz oben habe es eigentlich schon, und da ist eigentlich schon diese Selbstorganisationen, die Verantwortung abgeben und so weiter. Das ist eigentlich schon gar nicht das Thema, und ich glaube, dass eine Firma, die ganz oben nicht das ist hat, für Agilität zum Scheitern verurteilt ist. Was Agilität zumindest angeht, wie siehst du das?


00:18:56 Vera Gehlen-Baum: Agilität scheitert an unterschiedlichsten Ebenen. Also häufig werden wir dann von ganz oben angerufen, weil man braucht ja das gewisse Budget dafür. Man muss auch sagen, wir wollen das. Ich habe agile Transformationen von ganz oben scheitern sehen. Ich hab welche von ganz unten scheitern sehen, weil die Frage ist, wen nimmt man mit, wen kann man begeistern? Und an der Stelle kommen wir wieder zu diesem Mut und Vertrauensansatz, wenn ich dann sage, aber ich möchte gerne sagen, was die Gene verlernen soll, oder ich möchte dir sagen, wie das funktioniert, oder auch das mit dieser Fehlermentalität. Wenn das gar nicht funktioniert, dann wird es halt schwierig, und das kann aber von oben kommen, das kann von der mittleren Schicht kommen, das kann von der unteren Schicht kommen, wenn die Leute sich dagegen wehren, weil sie sagen, sie haben Angst, und viele agile Transformationen scheitern an dem Faktor Angst, weil sich was verändert, und da muss man die Personen dann abholen, zu sagen, man gibt ihn vielleicht am Anfang etwas Hilfestellungen an die Hand. Deshalb bin ich persönlich auch ein großer Fan vom Einsatz von Scrum am Anfang von Projekten. Weil Scrum ist ein Script, also aus Lerntheorie, ist es eine ganz klare Rolle. Beschreibung, was tun die einzelnen Rollen, und wie machen sie das zu welchem Zeitpunkt? Und das hilft Leuten, in diese Rolle rein zu finden und sich da drin auch dann aufzublühen und diese Angst zu nehmen. Weil wir brauchen als Mensch etwas, woran wir uns festhalten können, und zu sagen, hey, das geht, und dann sind ganz, ganz wichtig ist, sind die Frage, wir probieren einfach mal was aus, und wir dürfen scheitern, und ich kann, ich habe auch schon als Product ownerin in Projekten gearbeitet. Dieser Moment, wenn man die Arbeit von einem Vierteljahr wegschmeißt, ich würde ausdrücken, ich war an dem Tag ein bisschen emotional, es fühlt sich furchtbar an, und trotzdem weiß man, das ist in diesem Ansatz drinnen. Dafür muss man aber eine Geschäftsführung haben, die sagt ja, mir ist das bewusst gewesen, das kann auch mal scheitern, und ich fange wieder bei null an, oder ich starte noch mal auf der Hälfte der Zeit. Man muss sagen, ich nehme mir auch Zeit und übrigens auch Geld in die Hand, um Sachen auszuprobieren, obwohl ich nicht weiß, was dabei rauskommt, und das ist irgendwie, das ist das. Wir sagen immer, ja, wir müssen den Kunden in den Mittelpunkt stehen. Was machen wir, wenn der Kunde sagt, oh, das war aber gar nicht das, was ich mir vorgestellt habe? Was machen wir, wenn der Markt nicht annimmt? Und viele IT-ler kennen das, weil jeder von uns hat schon mal so ein bisschen an der App gebaut, die dann irgendwie vom Markt nicht, sonst wären wir alle App Millionäre. Das ist aber ja nicht so, und wir kennen dieses Gefühl und das, es fühlt sich nicht gut an. Aber das ist das, was die Firmen, die sich mit Agilität beschäftigen, das wird, es wird niemals so schnell sein, wie sie sich das am Anfang in der in den Büchern durchgelesen haben, weil die Leute müssen mitgenommen werden, es endet auch nie. Also diese Aussage, ja, wir haben dann eine agile Transformation gemacht, und wir sind jetzt agil, wir sind als agiles Unternehmen gegründet worden, und trotzdem arbeiten wir da täglich nicht dran. Also, wir versuchen immer, besser zu werden, und das ist nicht immer einfach, und man muss sich auch bewusst sein, Agilität hat viel mit Konflikt zu tun, weil, wenn man immer versucht, besser zu werden, brauchen wir auf der einen Seite starke Mitstreiterinnen und Mitstreiter, aber man muss auch diesen Konflikt aushalten können, dass das jeder ein bisschen anders versteht und jeder, der andere wünsche und Bedürfnisse mit reinbringt, und das muss man an der Stelle einfach aushalten können.


00:22:36 Jennifer Withelm: Ihr bietet eine Ausbildung zum agilen Lerncoach an. Jetzt habe ich so ein bisschen den Verdacht, dass das Camp vielleicht auch ein Verkaufsbooster für diese Ausbildung war. Liege ich richtig mit meinem Verdacht?


00:22:54 Vera Gehlen-Baum: Das Camp war in einer sehr, sehr schwierigen Zeit für das Gesamt Land. Es war ja wirklich mitten in der Quarantäne-Zeit der Pandemie. Man hat in dem Moment die Unsicherheit der Menschen stärker gespürt, und ich glaube, gerade der Trainingsbereich, das ist auch egal, mit welchem Trainern ich gerade rede. Wir können allerdings sagen, bei uns sind die Umsätze nicht oder die die Anmeldungen vor allem nicht konsequent eingebrochen. Da gibt es unheimlich schöne Artikel. In dem Moment, wo was nicht gut klappt, dann gehen wir zu dem zurück, was wir kennen, was ja auch verständlich ist. Sicherheit, wir brauchen das als Mensch. Es ist ja wichtig, dass wir uns von den Inhalten bisschen lösen und stärker zu diesen Bedürfnissen kommen. Was ist dein Ziel, was möchtest du? Das ist auch die Frage, für wen ist dieser Ansatz? Wir glauben wirklich, für jeden oder jede. Also man glaubt am Anfang immer, das ist stärker für IT-ler. Das ist aber total spannend. Es gibt Scrum Master in unserer Ausbildung, die einfach aus dem Scrum Bereich kommen, oder zum Teil auch Entwicklerinnen und Entwickler, die das machen. Aber die meisten kommen entweder aus der klassischen Weiterbildung aus dem HR Bereich und sagen, ich möchte jetzt mal was ausprobieren, möchte einfach mal ein bisschen was anderes machen, wir neue Sachen anschauen. Wir haben ganz viele, auch Großunternehmen, die anfragen, die dann sagen, ja, wir haben jetzt viele Sachen ausprobiert. Wir würden aber hier gerne einfach noch n bisschen das mit Theorie unterfüttern. Wir haben hier einfach noch andere Bedarfe, die vielleicht dadurch besser adressiert werden können. Wir haben auch Personen, die vorher mit Kindern gearbeitet haben und jetzt dann sagen, ja, wir möchten hier dadurch mehr mit, die mit Erwachsenen arbeiten können, weil unser Ansatz ist erst ab, ja wir schätzen so 13 bis 15 Jahren überhaupt möglich, Wir glauben, dass mit unserem Ansatz dieser Gap zwischen den Teams und den Fachabteilungen besser geschlossen werden kann, kann es sowohl hilfreich für die it teams sein, aber vor allem auch für die Fachabteilungen, um einfach mal diesen Ansatz, der etwas leichter ist als ein klassischer Scrum Ansatz, und noch mal ein gutes Stück leichter als ein klassischer Kanban Ansatz zum Beispiel, um hier einfach ein bisschen auszuprobieren. Wir geben viele Hilfestellungen an die Hand und gucken da einfach, wie die Leute durchkommen, und sie können einfach mal was ausprobieren, weil, um sich da selber zu sagen, ja, das brauche ich, und das brauche ich nicht, und ein halbes Jahr später brauche ich vielleicht was anderes. Um das ein bisschen zu probieren, ist es eigentlich für jeden geeignet, der sagt, ich brauche mal was einfacheres.


00:25:51 Jennifer Withelm: Glaubst du, dass in ein paar Jahren der Personalentwickler, der jetzt so klassisch in den Unternehmen vertreten ist, durch den agilen Lerncoach abgelöst ist?


00:26:02 Vera Gehlen-Baum: Ich glaube, dass die unterschiedlichen Personen unterschiedliche Aufgaben haben. Unsere agilen Lerncoach sind häufiger in den Teams näher an den Teams dran. Das heißt also, das ist eine Person, die dich persönlich betreut. Unsere Eva, das ist unser interner Agile Lerncoach, betreut ungefähr 50, 60 Personen, immer auf eine Spanne von drei Monaten, das heißt also 20 im ersten Monat, zweiten Monat, und dann kommt es zur nächsten Retro, und dann fängt der Zyklus wieder von vorne an, oder sie passt es auf individuelle Bedürfnisse an. Eva ist aber ganz, ganz nahe an den Teams, und wenn aber jetzt vielleicht manchmal was Größeres organisiert werden muss, also zum Beispiel eine Schulung für ein Gesamtunternehmen, ich habe ja eben schon gesagt, dass manchmal ja auch Unternehmen Lehrziele haben, dann würde ich das vielleicht etwas mehr in die Personalentwicklung setzen, weil da geht es darum, wie will man strategisch das Unternehmen ausrichten, während bei den anderen geht es um diese Ziele der Individuen, und idealerweise, und das ist das, womit wir auch momentan arbeiten, ist wir versuchen, das zu verschränken. Die Eva spricht dann mit den anderen Lerncoaches, die wir haben, also der Manuel ist zum Bespiel noch ein Agiler Lerncoach bei uns intern oder die Christine. Die die helfen sich gegenseitig und machen eine legale Praxisberatung untereinander und stellen dann meistens die Lehrkonzepte für die Quality Minds zur Verfügung. Was sind dann Gesamtbedarfe? Dann spreche ich auch ziemlich viel mit den Teamleads, und wir versuchen, gemeinsam zu entwickeln, wo wollen die Quality Minds hin? Was brauchen wir denn?


00:28:05 Jennifer Withelm: Vera, ganz herzlichen dank, dass wir ein bisschen Einblick bekommen haben in das Arbeiten von quality minds. Vielen Dank an der Stelle. Weiterhin alles Gute für euch! Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr meinen YouTube Kanal abonnieren würdet. „Lernen in geil“, gerne auch als Podcast. Der ist verfügbar über itunes, Google Podcast, Spotify, die ganzen üblichen Verdächtigen, und nehmt gerne auch Kontakt mit mir auf über LinkedIn oder der Homepage auf: www.Lerneningeil.de

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